Studierendenverbände fordern Solidarsemester 2020

Im Bündnis Solidarsemester 2020 haben sich der freie zusammenschluss von student*innenschaften (fzs), die Landesstudierendenvertretungen von Sachsen, Brandenburg, NRW, der Bundesverband ausländischer Studierender, der Bundesausschuss der Studentinnen und Studenten der GEW (Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft), die Hochschulgewerkschaft unter_bau, das Aktionsbündnis gegen Bildungs- und Studiengebühren, die politischen Hochschulverbände Campusgrün, die Juso Hochschulgruppen und der SDS, die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland, die Zusammenkunft aller deutschsprachigen Physik-Fachschaften, der AStA der CAU zu Kiel, der AStA der Goethe-Universität Frankfurt, sowie die StuVe der Hochschule München versammelt, um die studentische Perspektive der aktuellen Situation an Hochschulen darzustellen und die studentischen Forderungen zu präzisieren. 

Vanessa Gombisch, Pressereferentin des Bundesverbandes ausländsicher Studierender (BAS) : „Viel wurde in den letzten Wochen über die Gestaltung des Sommersemesters 2020 gesprochen, die Studierenden wurden bislang nicht gefragt. Bund, Länder und Hochschulen müssen sich um die durch die COVID-19-Pandemie entstehenden Probleme der Studierenden kümmern. Die vielen Praxisprobleme, die durch die COVID-19-Pandemie hervorgerufen werden, erfordern ein entschiedenes Umdenken und müssen mit der notwendigen Flexibilität gelöst werden.  Damit wir in dieser außerordentlichen Situation uns den Problemen stellen können, kann das Semester nur durch solidarische Zusammenarbeit aller Statusgruppen gestaltet werden.”
Nur Studierende können ein realistisches Bild der studentischen Lebensrealität und Studiensituation vermitteln und damit die Erfolgsaussichten von geplanten Maßnahmen einschätzen. Für eine erfolgreiche Gestaltung des Solidarsemesters im Sommer 2020 müssen Studierende unbedingt in die Planungen der Hochschulen, der Länder und des Bundes mit einbezogen werden. Das BAföG muss an die  Situation angepasst werden: Die Förderungshöchstdauer muss verlängert werden und es werden Not-Kriterien benötigt, die den eigenen durch die Krise bedingten Einkommensausfall oder den der Eltern mit berücksichtigen. Für Studierende, die keinen BAföG-Anspruch haben, ist unbürokratische Soforthilfe notwendig. Studierenden, denen aufgrund der Corona-Krise ihre finanzielle Lebensgrundlage entzogen wurde, ist ein Anrecht auf die Sozialleistungen des SGB II (ALG II) zu gewähren. Zwar fordern wir prinzipiell ein ausreichendes BAföG (alters-, studienzeit-, herkunfts- und elternunabhängig als Vollzuschuss), sodass sonstige Studienkredite ihre Notwendigkeit verlieren. Dennoch sind aktuell viele Studierende de facto auf Studienkredite angewiesen. Viele haben bereits Kredite aufgenommen, deren Fristen den Krisenbedingungen angepasst und um mindestens sechs Monate verlängert werden müssen.Im Sommersemester dürfen keine Langzeit- oder Zweitstudiengebühren, sowie Studiengebühren für ausländische Studierende verlangt werden.

Der Bundesverband ausländischer Studierender fordert vehement, die Rechte ausländischer Studierender in der derzeitgen Krise zu wahren und ihren Interessen gerecht zu werden. Ausländische Studierende waren lange Zeit willkommene Fachkräfte und werden jetzt alleingelassen. Der Politik sind ausländische Studierender derzeit egal.

Grundsätzlich bestehen keine Ansprüche auf Transferleistungen oder BAföG Ansprüche für Studierende mit einem Aufenthaltstitel nach § 16 b AufenthG. Das Studium muss selber finanziert werden. Zusätzliche Kosten durch Studienzeitverlängerungen sind häufig nicht eingeplant und treffen die Studierenden daher besonders hart. Die Familien und finanziellen Unterstützer*innen im Ausland sind meist auch ohne gute Krankenversorgung, daher trifft die Pandemie die Studierenden doppelt, die häufig ihre kranken oder in wirtschaftliche Notlage geratene Familie unterstützen müssen.

Der Finanzierungsnachweis muss ausgesetzt werden und der Aufenthaltstitel verlängert werden, ohne Anrechnung des Wintersemesters 19/20 sowie des Sommersemesters 2020. Ebenso gilt der Verlängerungsbedarf bei Stipendien. Ausländischen Studierenden muss der Zugang zu sozialer Sicherung (BAföG/Notfallhilfen) eröffnet werden. Dabei ist besonders wichtig, dass Hochschulen und Ausländerbehörden kooperativ zusammenarbeiten. Ausländischen Studierenden muss umgehend der Zugang zu BAföG und ALG II ohne ausländerrechtliche Konsequenzen eröffnet werden.

Es müssen unbeschränkte Arbeitserlaubnisse während des Sommersemesters 2020 und darüber hinaus ausgestellt werden. Aktuell werden Menschen (ohne Arbeitserlaubnis), die helfen wollen, systematisch davon abgehalten. Das ist nicht tragbar.

Ausländischen Studierenden, die ihr Studium abgeschlossen haben und vorläufig aufgrund der Situation nicht in ihre Heimatländer zurückkehren wollen, ist unbürokratisch eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis mit der Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme zu erteilen.

Für die Zulassung zum Studium vorgesehene, jedoch aufgrund der aktuellen Situation nicht zu erfüllende Voraussetzung sind auszusetzen oder durch Auflagen später zu erbringen. So ist die für chinesische und vietnamesische Studienbewerber*innen bisher verpflichtende APS Prüfung bis auf Weiteres auszusetzen, da die notwendigen Interviews in China und Vietnam bisher ausgesetzt waren. Aufgrund der Tatsache, dass derzeit viele Sprachprüfungen (DSH, TestDaF) nicht stattfinden, sollen Studienbewerber*innen, die eine Sprachprüfung auf dem GER B 2 Niveau nachweisen mit der Auflage, notwendige Sprachprüfungen nachzureichen, zugelassen werden.

Ausländische Studierende, die eine Zulassung zu einem (zulassungsbeschränkten) Studiengang erhalten haben, diesen wegen der Einreisebeschränkungen jedoch nicht antreten dürfen/können, sollen ihre Zulassung kostenlos auf das nächste Zulassungsverfahren übertragen können.

Vanessa Gombisch weiter: “Das Semester darf nicht auf die Regelstudienzeit angerechnet werden. Alle Prüfungsfristen und automatischen Nichtbestehensregelungen sind auszusetzen und um mindestens ein Semester zu verlängern. Prüfungsversuche sind als Freiversuche zu werten und können zur Notenverbesserung wiederholt werden. Anwesenheitspflicht muss ausgesetzt werden. Der Vorlesungszeitraum muss so verkürzt werden, dass die Lehrenden angemessene Vor- und Nachbereitungszeit haben, um qualitativ hochwertige Online-Studienangebote bereitzustellen. Nicht alle Studierende sind in gleichem Maße von der Pandemie betroffen. Die Teilnahme an Online-Lehre muss freiwillig sein!“

Wir rufen, so der BAS, zu einem Sommer der Solidarität an den Hochschulen auf, in welchem Lehrende und Studierende gemeinsam die Herausforderungen der Krise angehen, strukturelle Entlastung gewährt und der Leistungsdruck ausgesetzt wird – von allen Seiten.”

Der Forderungskatalog des gemeinsamen Bündnis an Bund, Länder und Hochschulen findet sich unter: https://solidarsemester.de/
Das Bündnis lädt ein zur Pressekonferenz am 09.04.2020 um 11 Uhr bei jitsi: https://solidarsemester.de/pressekonferenz/