Skandal um Sperrkontenanbieter: »Behörden haben versagt«

Ein Teil der bereits in Deutschland befindlichen ausländischen Studierenden erhielt vergangene Woche die überfällige Auszahlung für Juli. Andere sitzen weiterhin auf dem Trockenen. Vor allem bei noch im Ausland befindlichen Studierenden herrscht Unsicherheit.

Wer vor Juni bereits Zahlungen vom Sperrkontenanbieter »BAM Bundesweites Anlagemanagement« erhalten hat, bis dieser »technische Schwierigkeiten« vermeldete, hat Glück im Unglück. Mitte vergangener Woche erhielt ein Teil der Betroffenen die Nachzahlung für Juli. Der Bundesverband ausländischer Studierender (BAS) begrüßt diesen Schritt, mahnt aber gleichzeitig an, dass der Transfer für die übrigen Betroffenen zügig erfolgen müsse. Ebenso setzt sich der BAS für eine unverzügliche Rückzahlung der gesamten Summe ein. Das DSW versprach schnelle unbürokratische finanzielle Hilfe über die die bereits bestehenden Wege über die lokalen Sozialberatungen. Der BAS macht darauf aufmerksam, die Betroffenen, die keinem Studium nachgehen oder noch nicht an einer Hochschule immatrikuliert sind, nicht zu vergessen.

Am Donnerstag präsentierte die BaFin den Fahrplan für die geordnete Übertragung der Einlagen der ausländischen Studierenden an alternative Anbieter. Doch der BAS gibt noch keine Entwarnung. »Von den angehenden Studierenden, die das Sperrkonto bei BAM eröffnet haben, um ihr Studienvisum zu beantragen, wird ebenfalls ein neues Sperrkonto bei einem anderen Anbieter verlangt. Die BaFin hat zwar mittlerweile einen Prozess hierfür bekanntgegeben, jedoch dürfte sich dieser hinziehen«, führt Fabian de Planque, Finanzreferent des BAS, aus. »Die Visavergabe ist zeitkritisch. Bis zum Beginn des Wintersemesters dauert es nicht mehr lange. Hier ist eine unbürokratische Lösung gefragt.« Der BAS setzt sich dafür ein, dass die Summe als Finanzierungsnachweis ausreicht. »Die Botschaften sollten zur Wiedergutmachung des großen Schadens auf den Nachweis eines Sperrkontos verzichten, auch wenn keine Verpflichtungserklärung vorliegt. Ein neues Sperrkonto kann nicht so schnell eingerichtet werden und die Studierenden haben die Situation nicht verschuldet. Schließlich trägt das Auswärtige Amt Mitverantwortung für diesen Skandal«, fasst de Planque nach. »Die Behörden haben schlichtweg versagt. Wie kann es sein, dass solche unlauteren Geschäfte nicht früher aufgefallen sind? Der Skandal ist nur möglich geworden, weil das Geschäft mit der Vermittlung von Sperrkonten nicht reguliert wird.«

Außerdem wurde Kritik über die Informationspolitik der Behörden sowie der Bank laut. »Die Kommunikation ist ein einziges Desaster. Die Betroffenen wurden lange Zeit über die nächsten Schritte im Dunkeln gelassen. Anfragen von Studierenden an die BaFin werden immer noch abgewimmelt, obwohl das Auswärtige Amt auf diese verweist«, ärgert sich Malú Ortega Méndez, AStA-Referentin für internationale Studierende an der Uni Mainz. »Auch die Aareal Bank, bei der die Studierenden ihr Geld eingezahlt haben, und die BAM, Anbieter der Sperrkonten, verweisen die Betroffenen an den jeweils anderen.« Die BaFin stellte am Donnerstag klar, dass die Abwicklung direkt über die Aareal Bank zu erfolgen hat. Zuvor erreichten die Studierendenvertreter*innen zahlreiche Beschwerden über die unzureichende Kommunikation der Bank. Es habe sich gezeigt, dass kein Verlass auf den Sperrkontenanbieter BAM sei, der Kunden zuletzt mit einer automatischen Antwort auf 14 Tage vertröstete. »Ewige 14 Tage schienen das zu sein, denn diese Nachricht war über mehr als eine Woche hinweg die Antwort auf alle eingehenden E-Mails«, merkt Nadia Galina, Vorstandsmitglied des BAS, an.

Benjamin Kley, Referent für Studium und Lehre des RefRat an der Humboldt-Universität Berlin, kritisiert den Umgang mit den Daten der Betroffenen: »Die Bank verlangt jetzt, Kopien sensibler personenbezogener Daten per E-Mail zu schicken. Das ist ein Unding, denn hierfür gibt es bereits etablierte sichere Übertragungswege. E-Mail ist das denkbar unsicherste Medium.« Aufgrund der Bedenken haben die Studierendenvertreter*innen bereits den Bundesdatenschutzbeauftragten eingeschaltet. »Rasche Lösungen, damit die Betroffenen wieder an ihr Geld kommen, sind die eine Sache. Es muss jedoch in jedem Fall gewährleistet sein, dass die sensiblen Daten nicht in falsche Hände geraten«, führt Kley aus.

Derzeit hat das Auswärtige Amt alle Anbieter von seiner Homepage genommen und spricht von einer Überarbeitung der Liste. Der BAS fordert, nur noch Anbieter:innen auf diese Liste aufzunehmen, die als Bank unter Kontrolle der BaFin stehen und denen das Einlagegeschäft mit Sperrkonten direkt gestattet ist.
Generell sollte die Form des Nachweises der Sicherung des Lebensunterhaltes überdacht und abgeschafft werden.

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