Ausländerbehörden sind keine Welcome Center – Willkommenskultur und Fachkräftegewinnung sieht anders aus

Der Bundesverband ausländischer Studierender (BAS) fordert erneut zum dringenden Handeln und radikalen Umdenken auf: Ausländerbehörden schrecken ab und konterkarieren oft die Bemühungen, ausländische Fachkräfte zu gewinnen. Die Arbeit vieler Ausländerbehörden läuft dem politischen Willen des Gesetzgebers entgegen.

Immer wieder berichten Medien und Betroffene von den katastrophalen Bedingungen, die in Ausländerbehörden in Deutschland herrschen und welche Auswirkungen diese für die Menschen haben. Sie müssen aufhören, zu studieren oder zu arbeiten und warten teilweise mehrere Tage hintereinander dem Wetter ausgesetzt auf Wartemarken für einen Termin bei der zuständigen Ausländerbehörde. Die Situation ist meist bekannt, Abhilfe wird jedoch kaum geschaffen. Viele ausländische Studierende haben seit Monaten keinen ordentlichen Aufenthaltstitel und müssen sich mit einer Fiktionsbescheinigung zufriedengeben. Aufgrund der Fiktionsbescheinigungen stellen Arbeitgeber:innen Betroffene nicht ein und auch an anderen Stellen haben sie Nachteile wegen eines nicht regulär bescheinigten Aufenthaltstitels.

Der BAS begrüßt die durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FachKrEG) und das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung erreichten Verbesserungen für ausländische Studierende, sieht jedoch massive Probleme bei der Umsetzung der Vorschriften und Erleichterungen. „Der richtige politische Wille und die gesetzlichen Verbesserungen“, so Fabian de Planque vom Vorstand des BAS, „werden bei den Ausländerbehörden teilweise nicht umgesetzt, mindestens nicht im Sinne des Gesetzgebers. Statt dass Ermessensspielräume zu Gunsten der Betroffenen genutzt werden, fühlen sich viele ausländische Studierende benachteiligt und diskriminiert.“

Auch werden dem BAS immer wieder eine Vielzahl von Fällen berichtet, in denen das Handeln der Ausländerbehörden nicht mit der Rechtslage übereinstimmt. Aus einer Vielzahl von Hochschulstandorten berichten ausländische Studierende von unzumutbaren Verhältnissen. Von mangelnden Möglichkeiten der Erreichbarkeit der Sachbearbeiter:innen, Terminengpässen, Diskriminierungen, einer restriktiven Rechtsauslegung oder Verständigungsproblemen berichten ausländische Studierende. „Die rechtliche Situation ausländischer Studierender mag sich in den letzten Jahren in der Theorie verbessert haben. Dies nützt jedoch nicht, wenn Ausländerbehörden dies nicht umsetzen oder schlichtweg nicht ihren Aufgaben nachkommen“, so Johannes Glembek, Geschäftsführer des BAS. „Der Bund und die Landesregierungen müssen endlich gemeinsam mit den Kommunen dafür sorgen“, so Glembek weiter, „die strukturellen und materiellen Grundlagen dafür zu schaffen, dass jede Ausländerbehörde ihre Arbeit ordnungsgemäß durchführen kann und die gesetzlichen Regelungen umsetzt. Bei dieser Umsetzung ist ein weitestmöglicher Ermessensspielraum zugunsten ausländischer Studierender und Wissenschaftler:innen zu nutzen.“

Dabei ist das Problem kein erhöhter Andrang, sondern eine über Jahre verfehlte Haushaltspolitik, die bei Städten und Kommunen zu massiven Einsparungen geführt hat, anstatt beispielsweise die Ausländerbehörden zu digitalisieren und besser zu organisieren. Wenn beispielsweise eine Aufenthaltserlaubnis „aus Prinzip“ nur für ein Jahr, statt, wie auch gesetzlich möglich, für zwei Jahre ausgestellt wird, muss man sich nicht wundern, wenn es eine mindestens verdoppelte Zahl an zu bearbeitenden Anträgen gibt.

„Ich frage mich, ob den Behörden bewusst ist, dass nicht wenige ausländische Studierende regelrecht Angst und Verzweiflung empfinden, wenn sie an den Gang zur Ausländerbehörde denken“, beklagt Sergej Haar vom BAS-Vorstand.

Es ist unvorstellbar, dass sich die Situation in den Ausländerbehörden über Monate, teilweise Jahre hinzieht, ohne dass es sichtbare Verbesserungen gibt.

Der Bundesverband ausländischer Studierender (BAS) fordert vom Gesetzgeber und in der Umsetzung von den Ausländerbehörden:

  • Verzicht auf Finanzierungsnachweise, insbesondere auf den Nachweis von sog. Sperrkonten.
  • Eine Aufenthaltserlaubnis soll unter Ausschöpfung des Rechtsrahmens des Gesetzes für mindestens zwei Jahre erteilt werden.
  • Digitalisierung der Antragstellung und Terminvergaben sind das Gebot der Stunde.
  • Sprachkompetenzen in Englisch in allen Ausländerbehörden und ausreichende englischsprachige Informationen, digital und auf Papier.
  • Regelmäßige Einbeziehung der Hochschulen in kritische Entscheidungen, insbesondere bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen.
  • Die maximal mögliche Befristung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis.

Diese Maßnahmen würden dazu beitragen, die Bearbeitungslast zu minimieren und eine neue Willkommenskultur zu etablieren. Wichtig sind nicht nur Verbesserungen im materiellen Recht, sondern vor allem auch in den Verwaltungsverfahren bei den Ausländerbehörden. Die Verwaltungspraxis muss endlich dem längst vollzogenen Paradigmenwechsel im Aufenthaltsrecht folgen. Ein wichtiger Baustein ist auch die Aktualisierung der Verwaltungsvorschriften von 2009, um dem Willen des Gesetzgebers Nachdruck zu verleihen.