Der Bundesverband ausländischer Studierender (BAS) ist erschrocken und verurteilt die mutmaßlich rassistische Attacke auf mehrheitlich ausländische Studierende auf dem Campus der TU Ilmenau. Der BAS fordert die Behörden und die Universitätsleitung auf, wirksame Maßnahmen zum Schutz ausländisch gelesener Menschen zu ergreifen und rassistische Übergriffe nicht zu bagatellisieren. Die gesellschaftliche Debatte um Migration darf nicht weiter von AfD-Narrativen bestimmt werden. Den Betroffenen der Attacke wünscht der BAS eine schnelle Genesung. Gleichzeitig ist dem BAS bewusst, dass die mentalen Folgen noch viel schwerer wiegen dürften als die körperlichen. Dies ist eine Attacke auf die offene Gesellschaft – ein Angriff auf uns alle!
Am vergangenen Donnerstagabend ereignete sich in Ilmenau eine Serie von mutmaßlich rassistisch motivierten Angriffen auf dem Campus der Technischen Universität. Mehrheitlich ausländische Studierende wurden aus dem Auto heraus mit Gummigeschossen aus einem Paintball-Gewehr beschossen. Am Freitag sprach die Polizei von acht Verletzten. Allerdings berichten Augenzeugen, dass weit mehr (womöglich über 15) Personen von den Geschossen getroffen wurden. Die Zahl der attackierten Menschen ist also deutlich höher als die offizielle Angabe suggeriert. Es ist erschreckend, dass die Täter so lange unbehelligt agieren konnten: Der Polizeibericht nennt als Tatzeit 19:30 Uhr, laut Zeugenberichten zog sich die Angriffserie bis kurz vor 22 Uhr hin, ohne dass die Polizei eingriff. Die Angriffe fanden wiederholt an mehreren Orten auf dem Campus statt, teils wurden dieselben Personen mehrfach angegriffen. Zum Teil berichten Betroffene, dass sie rassistisch beleidigt wurden. Die Vorgehensweise der Täter, Zeugenberichte und einschlägige Codes auf dem Kennzeichen des Tatfahrzeugs lassen einen neofaschistischen Hintergrund der Tat vermuten. Der BAS kritisiert, dass die Hilfe durch die Polizei so spät kam.
Die Staatsanwaltschaft hat mit einer aus Sicht des BAS und weiterer Beobachter sehr unglücklichen Wortwahl zur Verharmlosung der Tat beigetragen. Beim Tatwerkzeug handelt es sich um eine Gaswaffe, die ernsthafte Verletzungen hervorrufen kann und nicht auf öffentlichem Grund eingesetzt werden darf. Auch der Transport ohne zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ist nicht erlaubt. Der BAS appelliert an die Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen mit der gebotenen Ernsthaftigkeit zu verfolgen und den erdrückenden Indizien auf einen neofaschistischen Hintergrund sorgfältig nachzugehen.
Die Universitätsleitung hat angekündigt, ihren Wachschutz zu stärken. Eine darüber hinaus gehende öffentliche Stellungnahme sucht man vergebens. Gerade jetzt ist eine entschiedene öffentlichkeitswirksame Reaktion der Universitätsleitung notwendig. Denn Totschweigen macht alles nur schlimmer. In einer auf der Plattform Reddit geleakten Nachricht an die Studierenden spricht das Präsidium von einem Einzelfall. Wir kennen dieses Muster nur allzu gut und sind es leid! Rassismus und Menschenfeindlichkeit sind keine Einzelfälle. Ausländisch gelesene Menschen sehen sich tagtäglich damit konfrontiert. Diese Gleichgültigkeit und Ignoranz der Hochschulleitung kritisiert der BAS nachdrücklich.
Der BAS kritisiert die unzureichenden Maßnahmen zum Schutz potetiell Betroffener aufs Schärfste. Das systematische Wegschauen von Hochschulleitungen und oftmals ein Herunterspielen von Rassismus und Angriffen gegen ausländische Studierende, um Marketing und Reputation nicht zu gefährden, haben System und sind nicht mehr hinzunehmen.
Es muss endlich aufhören, dass in einer gesellschaftlich aufgeheizten Stimmung immer wieder AfD-Narrative von zu viel Migration und ungewollter Zuwanderung verbreitet werden. Dies ermutigt zu Übergriffen und dient deren Rechtfertigung.
Der BAS fordert umfassende Schutzkonzepte für potentiell Betroffene und deren nachhaltige Umsetzung. Die Opferberatungsstellen müssen ausgebaut und verstärkt werden. Rassistische und diskriminierende Vorfälle an Hochschulen müssen bundesweit an einer Stelle gesammelt und dokumentiert werden, um entsprechende Konsequenzen zu ziehen.